Sieben Mitarbeiter der SAB.Ruhr nehmen an der Schulung „Einführung in die Blindenschrift teil“. Übungen helfen bei der Sensibilisierung für die Beeinträchtigung. Dr. Ute Kaufmann berichtet über den Auftakt der Bildungsmaßnahme.
Neustart. Die Augen sind geschlossen und bedeckt. Die Fingerkuppen gleiten über dezente Prägungen im Papier. Gewohnte Gebiete werden verlassen, unbekanntes Terrain „erfühlt“. Die aktuell 3 SAB.Ruhr-Supervisorinnen besuchen gemeinsam mit vier Schulbegleitern „Einführung in die Grundlagen der Blindenschrift“, die erste von mehreren geplanten Schulungen zur Thematik.
Blindes Kind an einer Regelschule begleiten
Der Teilnahme war eine Anfrage vorausgegangen, berichtet Kaufmann: „Wir wurden im Zuge einer Frühförderung gebeten, ab dem kommenden Schuljahr 2017/18 ein blindes Kind an einer Regelschule zu begleiten. Da dies für uns ein neues Thema ist, haben wir mit Unterstützung der Frühförderung Kontakte zu zwei Kurshäusern von Blindenschulen aufgebaut.“ Konkret suchte man nach Angeboten, die u.a. Selbsterfahrungskurse, Grundlagen der Blindenschrift und die Thematik „Begleitung blinder Schüler“ beinhalten.
Das Team Supervision nimmt teil, um Mitarbeiter künftig pädagogisch beraten zu können. Um Schüler auch kompetent zu begleiten, falls die eigentliche Betreuung ausfällt, machen sich zusätzlich Schulbegleiter-Springen mit der Thematik vertraut. Dank Inklusion ist die die Zahl der blinden und sehbehinderten Kinder und Jugendlichen, die eine Regelschule besuchen, gestiegen. So müssen auch Schulbegleiter und Supervisorinnen für die Beeinträchtigung sensibilisiert werden.
Ein erstes Seminar an der Louis- Braille-Schule (Düren) kombinierte Theorie sowie Praxis und bot einen kompakten historischen Abriss über die Entwicklung der Blindenschrift.
Theorie umfasst sechs Themenbereiche
Zur theoretischen Herangehensweise gehörten die folgenden Bereiche: Leben und Wirken des Louis Braille, Theoretischer Aufbau der Braillezeichen, Voraussetzungen zum Lernen der Punktschrift, Hinweise und Tipps zum Lesen, Kennenlernen ihrer verschiedenen Systeme und schließlich die Sensibilisierung für Schwierigkeiten, die beim Punktschriftlesen auftreten können.
Die Brailleschrift* besteht aus sechs Punkten, angeordnet wie die „Zahl 6“ auf einem herkömmlichen Würfel. Jeder Buchstabe und jede Zahl wird durch ein bestimmtes Punktmuster dargestellt, das meist von hinten in das Papier gepresst und so haptisch wahrnehmbar ist.
Praktische Übungen vertiefen neues Wissen
Auf jede theoretische Einheit folgte eine praktische Übung, um das Erlernte umgehend zu erproben. Zur Praxis gehörten: Lochen und Abheften von Blättern mit Augenbinde, Punktschrift ertasten (nicht das tatsächliche Lesen, sondern zunächst das Erkennen der Textform), Verfassen von Texten mit einer Blinden-Schreibmaschine sowie die Lösung einer Mathematik-Aufgabe. Abschließend wurde „sehend“ die Punktschrift gelesen.
Die erste Schulung hat eins verdeutlicht: Es reicht nicht, sich durch kleine Eigenexperimente auf die neue Begleitungssituation vorzubereiten. Das Ausmaß der Problematik wird erst unter fachmännischer Anleitung greifbar. Um die Punktschrift tatsächlich lesen zu können, bedarf es selbstverständlich mehr, als einen einzelnen Kurs. Es wird ein längerer Prozess sein, der viel Übung benötigt – vergleichbar mit dem Erlernen des „sehenden Lesens“.