Direkt den Chef verdrängt
Lukas (17) absolviert ein dreiwöchiges Schülerpraktikum bei der SAB.Ruhr. Autismus-Spektrum-Störung rückt im Büroalltag in den Hintergrund.
Seit dem 19. September im Unternehmen und schon im Chefsessel – das dürfte sich in jeder Vita gut machen. Gelungen ist dies dem Bochumer Schüler Lukas (17), der bei der SAB.Ruhr ein dreiwöchiges Praktikum im kaufmännischen Bereich absolviert. Sein Arbeitsplatz: Die „Kommandozentrale“ von Geschäftsführer Deni Halilovic. „Als Lukas sich bei uns um einen Praktikumsplatz beworben hatte, wurden wir zuerst mit dem Problem konfrontiert, für Lukas ein passendes Einzelbüro zu finden. Da zu diesem Zeitpunkt keines verfügbar war, hatte ich mich dazu entschlossen, Prioritäten zu setzen und Lukas mein Büro anzubieten“, erklärt der Geschäftsführer.
Kaum Eingewöhnungszeit benötigt
Gerade einmal zwei Tage brauchte Lukas, um in der neuen Umgebung anzukommen: „Das fällt mir im Büro nicht schwer“, beschreibt er unaufgeregt die kaum benötigte Eingewöhnungszeit. „Die Kollegen sind alle nett. Vier Stunden pro Tag bin ich hier, erledige in der Zeit typische Büroaufgaben.“ Die seien „mal mehr, mal weniger aufregend, aber das macht mir nichts aus“, zeigt sich der 17-Jährige Schüler der Hasselbrink-Schule zufrieden mit seinem „Arbeitgeber“.
Den Kontakt zur SAB.Ruhr stellte seine Lehrerin her, berichtet Supervisorin Dr. päd. Ute Kaufmann, die Lukas während der drei Wochen betreut: „Sie hatte in der Zeitung gelesen, dass schon einmal ein Schüler mit einer Autismus-Spektrum-Störung bei uns Praktikant war. Wir haben Lukas zum Vorstellungsgespräch eingeladen, er musste viele Fragen beantworten, hatte aber dennoch Lust, hier anzufangen“, schildert Kaufmann lachend.
Eigene Ideen bereichern
Sehr sachlich wird die Supervisorin, wenn sie über Lukas‘ Engagement redet: „Er macht seine Sache hier sehr gut, zuverlässig und selbstständig. Zudem bringt er eigene Ideen ein, anstatt die Aufgaben nur nach ‚Schema F‘ zu verrichten.“ Diese Kompetenz des erst 17-Jährigen bezeichnet Kaufmann als „neue Erfahrung“, auch in Bezug auf ihre eigene Arbeit bei der SAB.Ruhr: „Lukas kann sehr gut reflektieren und hat mich auf Dinge aufmerksam gemacht, die ich für meine Tätigkeiten nutzen kann und werde. Definitiv eine Bereicherung.“
Lukas selbst könne sich zwar vorstellen, weiter Listen zu bearbeiten, Excel-Tabellen zu erstellen und Dokumente zu überprüfen, hat aber bereits andere Pläne: „Ich möchte erst mein Abitur machen, danach studieren, BWL zum Beispiel.“ Schließlich sollte man „mit 17 schon Pläne“ für die Zukunft haben, fügt er an.
Kommunikation von Tag zu Tag verbessert
Neben seiner augenscheinlichen Befähigung, die Tücken des Büroalltags zu meistern, lenkt Kaufmann den Fokus auf einen weiteren wichtigen Aspekt. Von Tag zu Tag steigere sich das Selbstverständnis und Selbstvertrauen des Schülers, sich in den Räumlichkeiten am Wallbaumweg 101 frei zu bewegen und auch andere Mitarbeiter anzusprechen: „Durch seine Autismus-Spektrum-Störung hat er gewisse Schwierigkeiten bei der Kommunikation. Die Steigerung seiner Kompetenzen ist sehr erfreulich.“ Auch das Feedback seiner Mutter falle sehr positiv aus, übermittelt Kaufmann: „Sie hat uns mitgeteilt, dass Lukas immer entspannt nach Hause kommt. Das ist ein klares Zeichen, dass er sich hier tatsächlich wohlfühlt.“
Lukas stützt diese Beobachtung: „Ich habe vorher schon zwei Praktika absolviert; beim Finanzamt und als Physiklaborant. Die Büroarbeit macht aber viel mehr Spaß und liegt mir“, lauter das klare Urteil des Zehntklässlers. Auch nach Ablauf der drei Wochen am 7.Oktober dürften ihm die Türen bei der SAB.Ruhr offen stehen.